Herr Fuat Demir referierte über orientalische Christen
Zu diesem Vortrag hatte Herr Wunibald Kippenberger den Vorsitzenden der Internationalen Gesellschaft Orientalischer Christen und Mitglied des Zentralrates Orientalischer Christen, Herrn Fuat Demir, eingeladen, der von Präses Karl August Wendel herzlich willkommen geheißen wurde.
Herr Demir gehört der syrisch-orthodoxen Kirche an mit aramäisch-armenischen Wurzeln. Er wurde als Gastarbeiterkind einer aus dem Südosten der Türkei stammenden Familie in Füssen geboren. Wo einst König Ludwig prunkvolle Schlösser erbauen ließ, ist er interkulturell aufgewachsen und hat dabei gelernt, Unterschiedlichkeit zu akzeptieren und Brücken des Miteinanders zu bauen. Seit nunmehr 33 Jahren lebt er in Worms, wo die syrisch-orthodoxe Gemeinde ihr eigenes Gotteshaus hat und in regem Austausch mit anderen Kirchen und Gemeinschaften steht.
Mit seinem eindrucksvollen, spannenden und überzeugenden Vortrag bewegte Herr Demir die Herzen seiner Zuhörer/innen.
Nach dem Exodus vieler orientalischer Christen in die Diaspora bereits in den 50/60er Jahren des letzten Jahrhunderts und ganz besonders seit den nicht enden wollenden gegenwärtigen Kriegen in Syrien und Irak sieht er die Christen in ihren urchristlichen Stammländern ebenso wie die koptischen Christen in Ägypten von Verfolgung bedroht, die schon vor hundert Jahren mit dem Genozid und der Vertreibung ganzer Völkerschaften im osmanischen Reich ihren traurigen historischen Höhepunkt fand.
In der Diaspora wiederum gibt es für die Geflüchteten Probleme mit dem Bleiberecht, da sie häufig von Abschiebung bedroht sind, sowie mangelnde verlässliche Zukunftsperspektiven.
Außerdem geht es darum, die eigenen Wurzeln und Traditionen zu erhalten – in der Balance mit dem bestmöglichen Grad an Integration in die westliche Wertegesellschaft.
Der jungen Generation ist dieser Spagat bereits ganz gut gelungen. Dazu bedarf es aber immer der Öffnung auf beiden Seiten.
Öffnung schließt einerseits eine Bringschuld der Migranten im Sinne einer kulturellen Bereicherung ein – ebenso die ausdrückliche Distanzierung von Gewalt und Terrorismus.
Auf der anderen Seite ist unsere Solidarität gefragt – ebenso ein wacher Blick, insbesondere auf fehlgeleitete junge Menschen, die unsere Sicherheit gefährden. Die allgemeinen Menschenrechte und das Grundgesetz müssen von beiden Seiten vorbehaltlos respektiert und geschützt werden, weil sie ein Leben in Freiheit ermöglichen.
In Deutschland leben zurzeit rund 650 000 orientalische Christen diverser Herkunft und Konfessionen, plus ca. 10% neuangekommene Flüchtlinge und Migranten.
Beispielhaft wies Herr Demir darauf hin, dass in der Erzdiözese Deutschland ca. 150 000 syrisch-orthodoxe Christen in 60 Gemeinden organisiert sind. Alle orientalischen Christen pflegen Kontakte in gemeinsamen Aktivitäten mit anderen Christen und mit anderen Religionsgemeinschaften. Sie sind auch in der Ökumene sehr aktiv vertreten.
Soll das Urchristentum im Orient wirksam und nachhaltig geschützt werden, ist nach Überzeugung von Herrn Demir eine Resolution seitens der UNO, der EU und anderer Akteure unabdingbar.
Das Engagement der NGO (Nichtregierungsorganisation) ´Internationale Gesellschaft Orientalischer Christen´ (IGOC e.V.) ist beispielhaft. Dies konnte Herr Demir mit Bilddokumenten anschaulich vor Augen führen.
So gab es u.a. einen Dialog mit der ´Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte´, Gespräche mit der rheinland-pfälzischen Integrations-Ministerin Anne Spiegel und Altbundespräsident Joachim Gauck anlässlich der Verleihung des Gustav-Adolf-Preises, ein Expertengespräch im Auswärtigen Amt und Demonstrationen und Veranstaltungen in Worms, Giessen, Frankfurt und weiteren Städten unter dem Motto: ´Wir tragen das Kreuz für unsere verfolgten Geschwister.´
Das wichtigste Ziel aber bleibt: ´Peace on Earth´, der Friede auf der Welt.
Wie wir dazu beitragen können? fragte Herr Demir.
Wir und alle anderen müssen den Frieden wirklich wollen, für unsere Werte eintreten, unsere Verantwortung wahrnehmen, unsere Demokratie und die europäische Gemeinschaft schützen.
Mit einer Diskussion und dem herzlichem Dank auf beiden Seiten fand der Vortrag sein Ende, nicht aber das Miteinander der Zuhörer. Es gab noch einen emotionalen Höhepunkt: Herr Demir trug das Vater unser in der aramäischen Ursprache von Jesus Christus vor.
Darin vereinten sich alle unsere Gedanken, Bitten und Hoffnungen.
Wir verstanden, wie wichtig unsere gemeinsamen Wurzeln sind und warum sie als Weltkulturerbe gelten.
Ursula Päßler
Quelle:
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