Die syrisch-katholische Kirche ist eigentlich in Syrien und dem Irak zu Hause. Doch um viele seiner Gläubigen zu besuchen, muss Patriarch Ignatius Joseph III. Younan, nach Europa gekommen. Denn dorthin sind sie vor der Vertreibung durch den “Islamischen Staat” geflohen.
Es ist die Sprache Jesu, die sie heute noch sprechen: Die Christen aus dem Mittleren Osten. Auch am Sonntag ist sie im Gottesdienst in Augsburg zu hören, als der Patriarch der syrisch-katholischen Kirche, Ignatius Joseph III. Younan, in Schwaben zu Besuch ist. Gastfreundschaft gewährt dem Patriarchen und seiner Gemeinde dabei die syrisch-orthodoxe Gemeinschaft in ihrer Marienkirche. Man rückt zusammen, gerade weil die orientalischen Christen vieles verbindet, vor allem die Erfahrung, ihre Religion nicht frei leben zu können.
Gottesdienst in der Augsburger Marienkirche
Einige hundert syrisch-katholische Gläubige gibt es Schätzungen zufolge mittlerweile rund um Augsburg.
Die meisten kamen aus dem Irak oder Syrien nach Deutschland, meist erst in den vergangenen Jahren. Sie sind geflohen vor dem sogenannten “Islamischen Staat” (IS), der mordete, aber auch Kirchen und Klöster zerstörte – teils mit Unterstützung durch muslimische Nachbarn der Christen.
Der syrisch-orthodoxe Franchor
All das ist auch Jahre danach nicht vergessen. Umso wichtiger ist es für die Gläubigen, dass der Patriarch mit Sitz im Libanon nun nach Deutschland kam, um mit den Menschen Messe zu feiern und ihnen nah zu sein. Schon allein die Begegnung mit dem hohen Klerus hat für die Gläubigen, der mit Rom verbundenen katholischen Ostkirche, eine besondere Bedeutung, wie Simon Jacob, der Vorsitzende des Zentralrats Orientalischer Christen in Deutschland, erklärt.
Patriarch Ignatius Joseph III. Younan
Der Patriarch selbst spricht von einer Pastoralreise, die ihn bereits nach Belgien, die Niederlande und Frankreich geführt hat. Es gelte, den syrisch-katholischen Flüchtlingen “spirituelle Hilfe” zu bringen. Und er spricht von der immer noch “katastrophalen Lage” in den christlichen Gebieten in Syrien und Irak, auch wenn der IS zurückgedrängt wurde. Es fehlt das Vertrauen. Auch im Libanon werde es für Christen zunehmend schwierig, so Ignatius Joseph III. Younan gegenüber dem BR. Es sei schwer, junge Menschen zum Bleiben zu bewegen.
Es sind deutliche Worte, die der Patriarch wählt, wenn er darüber spricht, welche Rolle die Politik Europas und der USA spielt. Sie seien weder Verteidiger der Menschenrechte noch Förderer von Gleichheit und Freiheit, sagte er dem BR. “Wir Christen im Mittleren Osten sind von der westlichen Politik im Stich gelassen, ja sogar betrogen worden. Es ist sehr traurig, das zu sagen, aber es ist die Realität: Sie haben nur ihre Interessen im Blick.”
Der Westen denke mehr an das Erdöl und nicht an die Christen, weil diese kein Öl hätten und offenbar auch eine zu kleine Gruppe seien.
Gotesdienst mit Ignatius Joseph III. Younan
Nur die westliche Staaten seien aber in der Lage, sich für Regierungssysteme im Mittleren Osten einzusetzen, bei denen Staat und Religion getrennt sind, sagte Ignatius Joseph III. Younan. Denn nur so werde das nötige Vertrauen entstehen, damit Christen wieder eine Rückkehr in ihre Heimat im Irak oder Syrien erwägen.
Die Hoffnung, dass dies eines Tages geschehen wird, hat der Patriarch. Bei seinem Deutschlandbesuch will er diese Hoffnung weitergeben: Die orientalischen Christen sollen nicht aufhören, an eine Rückkehr zu glauben.
Quelle: Bayern1
Text: Christian Wölfel
Fotos: Patriarch Ignatius Joseph III. Younan hält einen Gottesdienst in Augsburg am 3.12.2017 | Bild: BR